Konsularische Aufgaben der deutschen Botschaft in Manila
Referent: Legationsrat Kneifel-Haverkamp
Vortrag am 18.08.95

PCI e.V., Frankfurt/Main

Autor: Ivo Brauns, Kontakt: ivobrauns@web.de
 

 

Anmerkung: außer einigen Namen von Mitarbeitern der Botschaft ist alles auch aus heutiger Sicht (März 2000) noch korrekt.

 

Herr Kneifel-Haverkamp befindet sich gerade auf Heimaturlaub. Er ist seit 9 Monaten in Manila als Legationsrat Leiter der konsularischen Abteilung. Vorher war er im Justizministerium Potsdam Referatsleiter für Verfassungsrecht und davor im Außenministerium beschäftigt mit internationalem Straf- und Steuerrecht. Alle drei Jahre werden Botschaftsangehörige ausgetauscht, damit keine zu großen Bindungen zum Gastland entstehen können, schließlich muss man ja mit ganzem Herzen Vertreter der Bundesrepublik Deutschland sein.

Botschafter ist Herr Dr. Karl Friedrich Gansäuer. (Stand 1995)

Die Botschaft gliedert sich in fünf Aufgabenbereiche, die durch Referenten geleitet werden: Politik, Recht- und Konsularwesen, Wirtschaftliche Zusammenarbeit, Wirtschaft, sowie Presse und Kultur. Mit "Wirtschaftliche Zusammenarbeit" ist Entwicklungshilfe gemeint. Dass dieses Ressort eine große Bedeutung hat, drückt sich auch darin aus, dass sein Leiter der Stellvertreter des Botschafters ist. Schließlich ist die BRD der zweitgrößte Entwicklungshilfegeber für die Philippinen, allerdings weit hinter Japan.

Zunächst etwas allgemeines über die Botschaft:

Die eigentlichen Aufgaben der Botschaft sind die Wahrung der Interessen der Deutschen gegenüber dem Gastland in rechtlichen und wirtschaftlichen Angelegenheiten:

- Pass neu ausstellen (Empfehlung: eine Kopie an anderer Stelle sicher aufbewahren)

- Beistand nach Überfall, bei schwerer Krankheit, Verhaftung und sonstiger Notfälle, wobei dies grundsätzlich als Hilfe zur Selbsthilfe anzusehen ist. Die Botschaft würde dann Kontakt aufnehmen mit Angehörigen, Verwandten, Bank etc. (telefonisch immer als R-Gespräch). Erst wenn alle Versuche negativ sind, kann die Botschaft auch Geld zu Verfügung stellen, allerdings entscheidet in solchen Fällen das Außenministerium in Bonn.

- Sehr wichtig ist die Gefangenenbetreuung (persönliche Betreuung so oft wie möglich, Besorgen eines Anwalts etc.), insbesondere seit die Todesstrafe wieder verhängt wird; das gilt unabhängig von der Beschuldigung für Untersuchungs-, Straf- und Abschiebehaft (Dauer bis das Geld für den Rückflug da ist).

- Beglaubigungen und notarielle Beurkundungen
Beurkundung können nicht stattfinden, solange Herr Kneifel-Haverkamp auf Heimaturlaub ist, weil die Botschaft sonst niemand hat mit seiner Fachkompetenz, und ein Ersatz kann nicht gestellt werden.

Die Botschaft kann und darf nicht philippinische Staatsangehörige, die mit Deutschen verheiratet sind, betreuen (z.B. wenn eine philippinische Mutter Auskünften über ihre in Deutschland lebenden Töchter haben möchte). Dafür gibt es die Commission of Philippinos in Overseas als Teil des philippinischen Außenministeriums.

 

Die Konsularabteilung ist (neben Passangelegenheiten, Leiter: Herr Wendling) zuständig für die Erteilung und Verweigerung von Sichtvermerken (Visum). Die Visumabteilung (Leiter: Herr Schwering (Stand März 2000)) ist besetzt mit 2 philippinischen Ortskräften am Schalter und 2 deutschen Angestellten für Büro und Schalter. Der Botschafter selbst ist im Prinzip nicht mit der Erteilung von Visa befasst.

Der normale Ablauf zur Visumbeantragung ist so:

Aus Personalmangel können Gespräche nicht direkt mit den Entscheidungsträgern geführt werden.

(Nach mehrfachem Hinweis der Zuhörer:) Es gebe wohl Gerüchte, dass geschmiert würde, aber man weiß nichts genaues. Man ist bemüht, die Sache sauber zu halten. Untersuchen läßt es sich aber nur, wenn Beweise, oder zumindest ganz konkrete Anhaltspunkte vorliegen. In diesem Fall würde er sofort den Dingen nachgehen und erst dann könnten auch disziplinarische Maßnahmen greifen.

Seit 1990 gibt es ein neues Ausländergesetz. Es hat zwei wesentliche Grundideen: die Integration verbessern und den Neuzuzug verhindern. Das bedeutet verkürzt, Verwandtenbesuch ist erlaubt, Arbeitsaufnahme nicht.

Die BRD kann Visa erteilen, muss aber nicht. Einen Rechtsanspruch auf Erteilung eines Visums gibt es nur bei der Familienzusammenführung und das sind (im Prinzip diese) zwei Fälle:

der Nachzug von (eigenen) Kindern, solange sie jünger als 16 Jahre alt sind und der Nachzug der philippinischen Ehefrau (bei vorheriger Heirat auf den Philippinen). Voraussetzung sind, wie bei anderen Einladungen auch, der Nachweis ausreichender Mittel für den Lebensunterhalt und genügend Wohnraum; das wird vom lokalen Ausländeramt nachgeprüft.

Es gibt immer Probleme, wenn Kinder auf der ersten Einreise im Antrag nicht angegeben sind. Die Botschaft würde dann davon ausgehen, dass fremde (verwandte) Kinder zu eigenen gemacht würden, auch wenn die örtlichen Behörden das korrekt bescheinigen.

Es gibt oft große Probleme mit Urkunden; ca. 20 % sind falsch oder unzutreffend. Die Bearbeitung von Anfragen beim National Statistical Office (Hauptstandesamt angeschlossen) dauert bis 6 Monate.

Bei unvollständigen Altunterlagen kann es tragische Fälle geben, wenn z.B. ein Kind in eine Ehe mit einem Deutschen nachgeholt werden soll und es sich herausstellt, dass die Vorehe geschieden ist, aber nicht rechtskräftig. Dann ist automatisch die deutsche Ehe ungültig und das Aufenthaltsrecht der Philippina abgelaufen.

Außerhalb der Fälle, in denen ein Visum erteilt werden muss, geschieht dies immer in pflichtgemäßem Ermessen in Abstimmung mit dem lokalen Ausländeramt und dem Außenministerium.

Das Hauptinteresse der Botschaft bei der Erteilung eines kurzfristigen Visums ist die Prüfung der Rückkehrbereitschaft. Dafür sind ausschlaggebend die familiäre und die wirtschaftliche Verwurzelung, wobei die zweite wesentlicher ist. Die Prüfung muss zwischen Zweck und Interessen der Reise und einerseits und andererseits eventuellen Gründen, die dagegen sprechen (fehlende Verwurzelung), abwägen. Der Grundsatz 'in dubio pro reo' kann hier nicht gelten, weil es hier keinen Angeklagten gibt und die Erteilung oder Verweigerung eine souveräne (Staats-)Entscheidung ist.

Als Argument für eine wirtschaftliche Verwurzelung gelten z.B. folgende Belege: Arbeits-, Gehalts-, Urlaubsbescheinigung, Sparbuch, Bankkonto, Versicherungen etc.

Die Festsetzung einer Kaution von z.B. 5.000,- DM könnte nützlich sein. Solange aber Schlepper bis zu 20.000,- DM verlangen, hat es wenig Sinn, weil dann der Kautionsverlust billiger ist als die sofortige Illegalität.

Es ist ganz wichtig, die Anträge vollständig auszufüllen und die Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten, auch nach früheren Visumablehnungen, bzw. Ausweisungen, denn es wird immer in der Ausländerzentralkartei angefragt. Eine frühere Ablehnung ist prinzipiell kein Grund für eine erneute Ablehnung.

Deutsche Visa sind "Schengen-Visa", d.h. auch gültig in Frankreich, Belgien, Luxemburg, Niederlande, Spanien und Portugal. Wer nach Ablauf der 3 Monate z.B. nach Frankreich fährt, ist eben dort illegal, und an dieser Grenze wird immer noch kontrolliert.

Es gibt zwei Sorten Visumanträge: weiß (langfristig, z.B. bei Familienzusammenführung) und gelb (kurzfristig, max. 3 Monate, z.B. als Touristenvisum).

Notwendige Unterlagen für den Besuch einer Verwandten sind:

Je mehr glaubhafte Unterlagen beigebracht werden, um so besser.

Die Kostenübernahme beinhaltet Verpflegung, evtl. Krankheitskosten und Rückflug; sie gilt für die Zeit des rechtmäßigen Aufenthalts. Das bedeutet, bleibt der Besuch länger als drei Monate in Deutschland, ist man nicht mehr zur Übernahme seiner Kosten verpflichtet - außer für den Rückflug (freiwillig oder nach Abschiebung).

Visum zur Eheschließung in Deutschland nach Aufgebot (Heiratsvisum)

Notwendig ist hier natürlich auch der Nachweis ausreichender Einkünfte (affidavit of support). Die deutsche Botschaft überprüft nicht (wie z.B. die britische) den eigentlichen Zweck der Ehe. Die eingereichten Unterlagen gehen dann an die lokale Ausländerbehörde zum Prüfen.

Nach § 66 AuslG muss bei Verweigerung eines Visums keine Begründung (und Rechtsbehelfsbelehrung) gegeben werden. Dieser Satz sei unschön, aber aus Personalnot nicht anders machbar. Herr Kneifel bemüht sich jedoch, dass bei rein sachlichen Gründen (unzureichenden Unterlagen etc.) eine kurze Begründung gegeben wird, damit man es das nächste Mal besser machen kann.

Faxe, die über Nacht eingehen, sind aus organisatorischen Gründen frühestens mittags beim zuständigen Sachbearbeiter. Neuerdings werden morgens Listen angefertigt, damit am Schalter bekannt ist, ob ein Fax gerade auf dem botschaftsinternen Instanzenweg ist. Eine Fax Antwort ist nicht möglich, weil die Bedienung des Geräts zu lang dauert und die Botschaft einen Jahresetat von nur 10.000,- DM für Telefon und Fax hat. In dringenden Fällen ist es besser anzurufen und ggf. um einen Rückruf als R-Gespräch zu bitten.

Häufig wird direkt auf den Philippinen geheiratet, weil der bürokratische Weg in Deutschland zu kompliziert sei. Wichtig zu wissen: bei der Heirat vor Ort ist nach philippinischem Recht ein von der Botschaft ausgestelltes Ehefähigkeitszeugnis notwendig. Einige philippinische Standesämter verlangen dies jedoch nicht. Das Hauptstandesamt hat dann aber bisher diese Ehe nicht anerkannt und die Botschaft konnte ihrerseits nicht legalisieren und ein Visum erteilen. Sie könnte trotzdem ein Visum erteilen, jedoch mit dem Vermerk, dass erhebliche Zweifel an der Rechtsgültigkeit der Ehe bestehen. Man müsste dann mit ordentlichen Papieren noch mal heiraten. Heute ist das Ehefähigkeitszeugnis immer noch notwendig, aber bei seinem Fehlen kein Grund mehr für die philippinischen Behörden diese Ehe für nichtig zu erklären. Eine Beschleunigung des Verfahrens kann, wie in allen Visaangelegenheiten auch, durch eine Vorabzustimmung der zuständigen deutschen Ausländerbehörde des Einladenden erreicht werden. Jeder Unterlagenaustausch zwischen Behörden geht nämlich den normalen Postweg.

Zur Arbeit von Heiratsinstituten: es gibt fast immer eine Ablehnung, wenn die Frau offensichtlich den Mann gar nicht persönlich kennt (Katalogvermittlung, "Mail Order Brides"). Unseriöse Institute organisieren dann aber eine Einladung vom Mann, der dann oft eine andere Frau vorgestellt bekommt, die schon in Deutschland (manchmal bereits illegal) ist oder es gibt eine Einladung mit gefälschten Verwandtschaftsbeziehungen.

Allerdings passiert die häufigste Art der Heiratsvermittlung durch die eigene Verwandtschaft und ist so nicht kontrollierbar.

Für eine Arbeitsaufnahme gibt es in aller Regel kein Visum. Man muss den Arbeitsvertrag schon vor Visumantrag haben und der deutsche Arbeitgeber muss nachweisen, dass auf dem deutschen und EU-europäischen Arbeitsmarkt niemand mit der geforderten Qualifikation verfügbar ist. Es gibt nur ganz wenige Ausnahmen, z.B. ein philippinisches Restaurant sucht einen Spezialitätenkoch. Philippinische Kindermädchen und Haushaltshilfen sind also auf diese Weise nicht zu bekommen.

Anders verhält es sich bei der sog. Familienhilfe als Ausnahme des Arbeitsaufenthalts. Hier gab es früher ein Visum für bis zu einem Jahr, heute ist es jedoch stark eingeschränkt. Hilfe in einem eindeutigen Pflegefall gilt nicht, denn dafür gibt es ja hier bekannte Strukturen der häuslichen Krankenpflege. Im Gegensatz zu früherem Usus werden dazu jetzt nur noch Verwandte in gerader Linie, d.h. Kinder und Eltern, zugelassen. Es gab wohl zu viele neu auftauchende Schwestern und Cousinen.

Ein Au Pair Einsatz zählt weniger als Arbeit, sondern eher als Ausbildung. Daher kann das genehmigte Jahr grundsätzlich nicht verlängert werden - nach einem Rückflug auf keinen Fall wieder in die gleiche Familie, es sei unklar ob es in einer anderen möglich ist. Als Bedingung gilt ferner: keine nahe Verwandtschaft, Alter zwischen 18 und 25 Jahre (zum Zeitpunkt des Au Pair Beginns) und Grundkenntnisse in deutscher Sprache.

Es gab während des Vortrags und danach zahlreiche Wortmeldungen und Beschwerden über nicht nachvollziehbare Entscheidungen bei Visumanträgen. Herr Kneifel antwortete darauf sehr vorsichtig. Bei manchen Zuhörern wurde dies als Unkenntnis gewertet. - Wir müssen ihm aber aus Fairnessgründen zugestehen, dass er als Fachvorgesetzter zuerst die Akten einsehen muss, bevor er irgend einen Kommentar abgeben kann.

Insgesamt hat er uns zugesagt, dass man sich in Zweifelsfällen direkt an ihn wenden soll und er wird sich persönlich darum kümmern.

 

Rodgau, 21. August 1995

Ivo Brauns (PCI e.V., Frankfurt)